Oft gefragt: Unterschiede zwischen Auratikum und Citavi 5 Jahren ago

Warum gibt es eigentlich Auratikum, obwohl an den meisten deutschen Universitäten Citavi genutzt wird und was genau unterscheidet die beiden Programme?

Da Auratikum seit Kurzem Citavi Projekt-Dateien direkt importieren kann, fällt der Umzug leicht – doch wieso sollte ich Auratikum überhaupt nutzen?

Eine unterschiedliche Entstehungsgeschichte & Basis

Citavi ist eine etablierte und klassische Software zur Literatur- und Wissensverwaltung für Windows, die es in der Form seit 2006 auf dem Markt gibt und auf an dem 1995 erschienenen LiteRat Programm aufbaut. Die Grundidee dabei ist eine digitale Literaturdatenbank.
Auratikum ist zum Vergleich eine moderne Cloud-Anwendung und Alternative auf dem Markt, die im Kern die Zettelkasten-Methodik von Niklas Luhmann digitalisiert. Hier wird bereits deutlich, dass die Basis der beiden Programme grundlegend unterschiedlich ist. Während bei Citavi die Literaturangabe bzw. Quelle im Fokus steht, stellt Auratikum den eigenen Gedanken, die Idee und die verarbeitete Information in Form von Notizen in den Vordergrund.

Wichtig ist: Das Wissen eines Forschers ist u.A. die gedanklich verarbeitete Version von externen Referenzen, nicht die Meta-Daten der Referenz. D.h. die Informationen zu einer Referenz sind wertvoller als die Angaben über eine Referenz.

Auratikum wurde von Anfang an als Ende-zu-Ende Anwendung für den wissenschaftlichen Arbeitsprozess konzipiert, wodurch es einen klaren und verständlichen aber dennoch flexiblen Arbeitsmodus gibt.

Als browserbasierte Web-Anwendung ist Auratikum auf jedem internetfähigen Gerät mit Browser und größerem Bildschirm (Apple, Linux, Windows, usw.) nutzbar und nutzt neueste Web-Technologien zur Datenspeicherung und Visualisierung.

Wissensmanagement

Citavi besitzt neben der Literaturverwaltung eine Wissensverwaltung, hier können Zitate, Gedanken, Kommentare und Anhänge verwaltet werden. Kategorien (welche in der Zettelkasten-Methodik kategorisch abgelehnt werden) können zur besseren Übersicht genutzt werden.
Auratikum orientiert sich an dieser Stelle eher am klassischen Notiz-Management und stellt das Anlegen von Notizen zur Verfügung. Notizen sind als Kernelement mit Schlagwörtern, Farbkennungen, Verlinkungen, Anhängen usw. inhaltlich gefüllt und sind aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Reduktion von Plagiaten mit Literaturangaben versehen. So ist zu jederzeit klar, wo die Inhalte der Notiz herkommen.

Projektmanagement

Auratikum ist für lebenslanges Lernen und Arbeiten konzipiert. Alle angelegten Notizen und Quellen werden Projekt-unabhängig angelegt und verwaltet (Zettelkasten). Startet man ein neues Projekt, können entweder neue Inhalte angelegt und/oder schon vorhandene Gedankengänge und Notizen aus anderen Projekten z.B. ähnlichen oder auch ganz anderen Disziplinen erneut genutzt werden. Alle schon einmal recherchierten Inhalte und gemachten Überlegungen sind demnach nicht mit dem Ende eines Projekts vergessen.
Citavi verfolgt einen etwas anderen Ansatz: alle Inhalte, egal ob Referenzen oder Wissenselemente sind Teil eines Projekts (z.B. in einer Datei in Citavi 5 und älter). Gibt es Inhalte aus vergangenen Projekten, müssen diese aus den entsprechenden Projekten übertragen werden.
Als Cloud-Anwendung ist es in Auratikum irrelevant wie viele Inhalte angelegt werden. Eine effiziente und mächtige Suchfunktion, sowie einfache Filter bringen jederzeit Ordnung in die Masse an Notizen.

Gliederungen

In diesem Punkt unterscheiden sich die beiden Anwendungen am meisten. In Citavi können hierarchisch angelegte Kategorien als Gliederungsstruktur genutzt werden. Da Inhalte immer nur innerhalb eines Projektes nutzbar sind, ist die Kategorisierung in Form der Gliederung sinnvoll.
Auratikum arbeitet an dieser Stelle etwas anders: Notizen und Literaturangaben sind projektübergreifend verfügbar, sodass z.B. Schlagwörter wie “Einleitung” eher fehl am Platz sind. Pro Projekt bietet Auratikum die Möglichkeit eine Gliederung zu verfassen und Inhalte im Anschluss dort einzusortieren. Notizen bekommen in diesem Schritt einen Kontext und werden dem Projekt erst zugeordnet.

Der Schreibprozess

Die meisten Arbeiten, welche mit Citavi geschrieben werden, werden mit Word verfasst. Hier bietet Citavi ein elegantes Word-Plugin, welches die oben genannten Kategorien listet und Wissenselemente in den Fließtext einfügen kann. Sobald Texte in Word angepasst werden, verschwindet die Verbindung zum ursprünglichen Wissenselement.
Hier versucht Auratikum einen Schritt weiter zu gehen. Um Notizen und Inhalte in einen Fließtext zu bringen, gibt es einen Schreib-Bereich, der diese Transformation Schritt für Schritt übernimmt. Dabei bleiben die ursprünglichen Inhalte in Form von Notizen unberührt erhalten und können in anderen Projekten, d.h. in anderen Kontexten anders verarbeitet werden.
Unabhängig von der Transformation einer Notiz in Fließtext, gibt es jederzeit die Möglichkeit die Original-Notiz aufzurufen um zu überprüfen oder nachzuschlagen, auf welcher Basis der Text verfasst wurde. Die Literaturangaben gehen dabei natürlichen nicht verloren.

User Experience

Auch wenn bei Programmen zur Produktivitätssteigerung die Funktionalität im Vordergrund steht, so darf man nicht vergessen, wie sich Software im Laufe der letzten Jahre verändert hat. Nutzer haben eine gewisse Erwartungshaltung an die Benutzung von Anwendungen und bringen Erfahrungen aus der Nutzung anderer Software mit. Durch den täglichen Gebrauch haben sich Nutzungskonzepte durchgesetzt und etabliert. Bei Auratikum stehen diese Bedienkonzepte an vorderster Stelle – eine intuitive Bedienung und schnelle Einarbeitung ist deshalb für alle Features ein wichtiges Qualitätskriterium.

Fazit

Wie man sieht, reicht hier ein schneller Blick in die Feature-Liste nicht aus um die Konzepte beider Software zu vergleichen – erst in der Tiefe gibt es grundsätzliche Unterschiede die in der täglichen Arbeit ihre Wirkung zeigen. Beide Ansätze haben mit unterschiedlichen Use Cases und Nutzungsszenarien ihre Berechtigung.

Am besten probierst du Auratikum direkt aus und testest die beschriebenen Funktionalitäten.

Unabhängig von der benutzten Software empfehlen wir allen Forschenden sich mit der Zettelkasten-Methode auseinander zu setzen.

 

Headerfoto: Raka Rachgo on Unsplash

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Im Gegensatz zu Auratikum bietet Citavi hingegen sehr gute BibLaTeX-Unterstützung, auch wenn es eine Weile gedauert hat. Fürs academic writing ist dies von hoher Bedeutung.
Auch das Prinzip des Zettelkastens könnte deutlich verbessert werden. Das Verknüpfen von Notizen/Zetteln sollte nicht nur bidirektional, sondern auch linear möglich sein (Folgezettel).
Auratikum hat, wie Citavi übrigens, verstanden, wie wichtig es ist, eine Wissensdatenbank zu haben, die man einem Projekt entsprechend organisieren kann. Es fehlen nur noch ein paar wesentliche Features, ehe Auratikum zu einem wahren Citavi-Killer werden könnte.

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Vielen Dank für deinen Kommentar Teo! BibLatex ist als Format leider sehr in die Jahre gekommen und eigentlich nur in Verbindung mit LaTex interessant. Es werden sehr wenige Referenz-Typen unterstützt und die Keys (aka Identifier) sind abhängig vom Inhalt der Referenz (z.B. Jahr oder Author). Das CSL JSON Format ist da z.B. für den Austausch zwischen Anwendungen um einiges besser (wird von Zotero, Mendeley und Auratikum unterstützt)!

Den BibLatex Import & Export unterstützt Auratikum, ebenso wie eine richtige .bib Bibliothek im LaTex export eines Projektes mit den dazugehörenen /cite Commands im Fließtext.
Lineare Folgezettel gab es in den ersten Versionen von Auratikum, Nutzerfeedback und Nutzerverhalten hat allerdings gezeigt, dass ein Großteil dort keinen Unterschied macht und die unterschiedlichen Arten der Verknüpfung eher Verwirrung als Mehrwert stiften. Auratikum hat sich an dieser Stelle bewusst für eine vereinfachte UX entschieden (Zettelkasten-Experten könnten aber zu Beginn der Notiz einfach einen Hinweis hinterlegen).

Die Wissensdatenbanken sind wie im Artikel geschrieben von der Idee schon recht unterschiedlich – zum einen was die Verknüpfung und zum anderen was den inhaltlichen Umgang angeht (Tabellen, Formeln, Anhänge, usw.) und vor allem was bei der Strukturierung von Projekten und der Textverfassung mit dem Wissen passiert.

Übrigens: seit Auratikum den Citavi-Import unterstützt, kann man sorglos auch Citavi als Referenz-Manager nutzen und ab und zu in Auratikum importieren (schon vorhandene Referenzen werden dann aktualisiert). So kann man die Vorteile von Citavi im Bereich des Referenz-Managements und trotzdem die Zettelkasten / Notizfunktionen, sowie das Strukturieren und Schreiben von Auratikum nutzen.

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Lieber David,

danke für deine Antwort. Die Sache mit den Folgezetteln muss ich also hinnehmen, obwohl es ein bisschen schade ist. Aber das größere Problem sehe ich für mich anderswo:

Ich muss zugeben, als LaTeX-Nutzer habe ich spezielle Wünsche, die von den meisten Schreibenden nicht geäußert werden. Da der Textsatz mit LaTeX deutlich besser ist als mit Word oder ähnlichen WYSIWYG-Editoren, muss ich mich auf bestimmte Dateiformate beschränken – aber ich gewinne dadurch weit mehr als ich verliere.

Citavi hat für mich einen ganz großen Nachteil: Das Programm wird nur auf Windows unterstützt, was ich aus vielerlei Gründen unverständlich finde. Dennoch kann ich mit meinem derzeitigen workflow (Citavi, Scrivener, LaTeX) sehr gute Ergebnisse erzielen. Dumm nur, wenn man nicht mehr Windows nutzen möchte …

Auratikum hat mich auf den ersten Blick sehr angesprochen, und trotzdem: Das einfache Interface bringt nicht nur Vorteile mit sich. Ich persönlich muss die Möglichkeit haben, die einzelnen Datenfelder im BibLaTeX-Format selbst zuzuweisen. Citavi ermöglicht mir, eigene Exportfilter zu erstellen, und mit diesen kann ich ganz genau vorschreiben, wie – beispielsweise – ein Freitextfeld in BibLaTeX formatiert werden soll. Das ist ungemein hilfreich, da die Zitations- und Bibliografiestile in BibLaTeX sich unterscheiden.

Ich habe die Import- und Exportfunktion getestet und muss leider sagen, dass Auratikum nicht korrekt arbeitet. Das kann ja bereits daran liegen, dass bestimmte Datenfelder einfach nicht vorgesehen sind. BibTeX ist auf jeden Fall veraltet und bietet nicht viele Datenfelder, aber BibLaTeX ist eine Erweiterung und wird weiterhin konstant verbessert. Citavi bietet mir die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, was mit den eingegebenen Daten beim Export geschieht. So bin ich völlig flexibel und muss rein gar nichts mehr in der .bib-Datei ändern.

Ich finde, es würde klarer werden, wenn ich zum Vergleich beide .bib-Dateien zur Verfügung stellen könnte, einmal den Export von Auratikum und einmal den von Citavi. In meinen Augen ist es ein sehr großer Unterschied.

Dein letzter Tipp ist gar nicht mal so schlecht, jedoch ging es mir darum, mich von Citavi endgültig zu verabschieden, was mir bis jetzt (leider) unmöglich erscheint. Ich möchte aber die Hoffnung noch nicht aufgeben.

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Danke für die ausführliche Klarstellung! Wir schauen uns BibLaTeX noch einmal genauer an und schauen in welcher Form wir Auratikum an der Stelle verbessern können. Gerade im „letzten“ Schritt gibt es bei beiden Exporten noch Verbesserungspotential. Latex ist leider in den Geisteswissenschaften nicht so verbreitet, weshalb Auratikum in beiden Welten (Word & Latex) gut exportieren muss. Schick mir ruhig die beiden .bib Dateien (ich habe dir ich eine E-Mail geschrieben) – dann haben wir schon einen Anhaltspunkt.

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Der Vergleich von Citavi und Auratikum ist vor allem mit Blick auf das zugrundeliegende Konzept interessant. Was mich wundert: Warum spielt der Gedanke des kollaborativen Arbeitens konzeptionell so eine untergeordnete Rolle? Wissenschaft wird in Teams gemacht. Texte entstehen in Zusammenarbeit. Warum nutzt ihr die Cloud nicht, um das zu unterstützen? Oder habe ich etwas falsch verstanden?