Literaturrecherche: Wie finde ich die gesamte Literatur zu meinem Thema? 6 Jahren ago

Ein Gastartikel von Huberta Weigl https://www.schreibwerkstatt.co.at

Aus meinen Workshops und Online-Coachings weiß ich, dass sich viele Studierende unsicher sind, ob sie denn wirklich die gesamte Literatur für ihre Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit gefunden haben bzw. ob sie überhaupt alle Publikationen finden und lesen müssen. Die Frage „Wie finde ich die gesamte Literatur zu meinem Thema?“ ist ein Dauerbrenner, daher dazu heute eine Antwort sowie ein paar Tipps.

Muss ich die gesamte Literatur lesen?

Das kommt auf die Literaturmenge und das Thema an.

Literaturmenge

Viele Studierende meinen, dass es zu einem großen Thema viel Literatur gibt und dass ein großes Thema daher viel leichter zu bearbeiten ist. Gerade die zweite Annahme ist jedoch problematisch. Klar gibt es zu einem großen Thema auch viel Literatur, aber gleichzeitig besteht die Gefahr, dass du in Anbetracht der Literaturmenge nicht alles Relevante lesen und auswerten kannst. Daher mein Tipp: Fasse das Thema deiner Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit möglichst eng. Je kleiner dein Thema ist, desto überschaubarer ist die Literatur, desto eher kannst du auch tatsächlich alle Publikationen oder zumindest alle wichtigen dazu lesen.

Thema

Auch wenn das Thema eng gefasst ist, kann es sein, dass es sehr viele Veröffentlichungen dazu gibt. Meiner Erfahrung nach gilt das vor allem für Themen aus den Naturwissenschaften und der Medizin. In diesen Bereichen ist es oft auch gar nicht sinnvoll, alle Publikationen zu lesen, weil Forschungsergebnisse rasch veralten. In so einem Fall liest man in der Regel nur die neuesten Veröffentlichungen.

Was ist wichtig bzw. relevant und was nicht? Das zu unterscheiden, ist gerade für Studierende, die noch nicht allzu viel Erfahrung mit dem wissenschaftlichen Arbeiten haben, eine große Herausforderung. Sei also geduldig, wenn du dich durch den Literaturdschungel ackerst.

Tipps für deine Literaturrecherche

Um entweder alle oder zumindest alle relevanten Publikationen zu finden, ist es wichtig, dass du weißt bzw. lernst, wie man eine Literaturrecherche richtig anpackt.

Tipp 1: Lerne, wie man richtig recherchiert.

Wenn du in der Recherche nicht sattelfest bist, kannst du auch die Frage, ob du tatsächlich die gesamte bzw. die wichtigste Literatur zu deinem Thema gefunden hast, nicht beantworten. Eine Literaturrecherche sollte nicht vom Zufall gesteuert, sondern systematisch angegangen werden. Folgendes ist dabei wichtig:

  • Mach dir klar, dass Google, Google Books und Amazon bei der Suche nach wissenschaftlicher Literatur nicht die Mittel der Wahl sind.
  • Benutze die Kataloge (OPACs) der großen Fachbibliotheken (zu denen Google keinen Zugriff hat!) für deine Literaturrecherche.
  • Benutze neben den Katalogen der Bibliotheken deiner Studienstadt auch überregionale Kataloge und Metasuchmaschinen, wie etwa den Virtuellen Katalog Karlsruhe.
  • Arbeite gezielt mit Zeitschriftendatenbanken. Über die normalen OPACs der Bibliotheken findest du keine oder nur wenige Zeitschriftenaufsätze. Aufsätze sind aber ganz wichtig: Wenn du sie nicht zur Kenntnis nimmst, kannst du unmöglich einen Überblick über den Forschungsstand zu deinem Thema bekommen – aber genau den brauchst du!
  • Mach dich mit den einzelnen Katalogen bzw. Datenbanken vertraut, bevor du mit ihnen arbeitest. Wahllos Schlagworte einzufüttern, bringt wenig. Du musst erst einmal wissen, was das Rechercheinstrument, das du nutzt, leistet und was nicht. Wenn du dich mit den verschiedenen Katalogen und Datenbanken nicht auskennst, mach eine der zahlreichen Schulungen, die die großen Bibliotheken regelmäßig anbieten.

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Tipp 2: Notiere dir deine Schlagworte.

Eine gezielte Schlagwortsuche in den diversen OPACs und Zeitschriftendatenbanken ist ganz wichtig. Damit du den Überblick behältst, empfehle ich dir, die Schlagworte zu notieren, zu denen du suchst bzw. zu denen du bereits gesucht hast. Das gilt natürlich auch für die Schlagwortkombinationen. Achtung: In manchen Datenbanken kannst du nur auf Englisch suchen!

Tipp 3: Beziehe unbedingt englischsprachige Publikationen mit ein.

Da Englisch die Wissenschaftssprache ist, geht derjenige, der auf Englisch publiziert, davon aus, dass seine Ergebnisse weltweit gelesen werden können. Du musst also neben den deutschsprachigen Texten englische Veröffentlichungen deines Faches für deine Arbeit lesen.
Wenn der Großteil deiner Literatur auf Englisch verfasst ist, lohnt es sich unter Umständen sogar deine gesamte Abschlussarbeit auf Englisch zu schreiben.

Publikationen in anderen Sprachen musst du nur dann heranziehen, wenn dein Thema einen Lokalbezug hat. Wenn du also etwa über einen Aspekt des Louvres schreibst, musst du auch die französische Literatur dazu lesen. Und wenn du über ein Thema mit China-Bezug schreibst, musst du Chinesisch können.

Tipp 4: Geh in Bibliotheken.

Es gibt Studierende, die meinen, dass die gesamte Literatur für sie online abrufbar ist und dass sie sich den Weg in die Bibliothek sparen können. Tatsächlich erscheint nach wie vor ein guter Teil der wissenschaftlichen Publikationen (vor allem in den Geisteswissenschaften) aber auf Papier. An Bibliotheksbesuchen führt also kein Weg vorbei!

Tipp 5: Lies zuerst die neuen Publikationen.

Schau, dass du zuerst eine Publikation zu deinem Thema findest, die relativ neu ist. Über die erschließt sich dann die ältere Literatur (Schneeballprinzip). Fang also mit dem Lesen der neuesten Publikationen an.

Fazit

Du kannst dir sicher sein, alle relevanten Publikationen gefunden zu haben, wenn

  • du sattelfest in der Literaturrecherche bist
  • du nicht nur mit den normalen OPACs der Bibliotheken arbeitest, sondern auch mit den verschiedenen Zeitschriftendatenbanken deines Faches.
  • du gezielt mit Metakatalogen, wie etwa dem Virtuellen Katalog Karlsruhe, arbeitest
  • du englischsprachige Publikationen zu deinem Thema genauso heranziehst wie deutschsprachige.

Über die Autorin

Dr. Huberta Weigl hat BWL und Kunstgeschichte studiert. Sie hat zehn Jahre an der Universität Wien als Assistentin gearbeitet und schließlich 2012 die Schreibwerkstatt in Wien https://www.schreibwerkstatt.co.at/ gegründet. Vor dem Hintergrund ihrer langjährigen Lehr- und Publikationserfahrung unterstützt sie Studierende in Form von Online-Coachings und Kursen beim wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben. Außerdem hält sie regelmäßig an Universitäten in Österreich und Deutschland Schreibworkshops.

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